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Källerstraich 2024: Texte, Regie, Sprecher

Kritiken

Kritik BZ

Eine glänzende Perle der Basler Vorfasnacht

 

«Wo sölli schiesse, wenn alli Kinos schliesse?», fragt sichRambo, der«toxische Muskelmann» aus der gleichnamigen Filmreihe, zu Beginn der Vorstellung. Und auch James Bond wird der Zutritt verwehrt. Denn: In der Steinenvorstadthat das letzte Kino geschlossen. «Ohni Kino isch d Staine kahl», philosophiert der Sprecher –wie die Globus-Baustelle. Aber zumindest hier, bei der Premiere des Källerstraich 2024, gibt es ein Happy End, verspricht er. Und er sollte recht behalten.

Die Jubiläumsausgabe des Källerstraich – 10 Jahre jung ist die Vorfasnachtsveranstaltung – widmet sich demKinosterben in Basel. Jede Nummer, ob Raamestiggli, musikalische Darbietung oder Schnitzelbangg, orientiert sich an einem Filmdes 20. Jahrhunderts. Trotzdem schaffte es jede Nummer auf geniale Weise, den Bogen zur heutigen Zeit zu schliessen. Im Hotel Basel beispielsweise erleben die drei Antikeerper Heinz, Sämi und Werni Szenen aus dem Film «The Shining». Aber sie bleiben nicht im Jahr 1980, denn damals hat man bestimmt nicht schwadroniert darüber, ob Elon Musk in Basel nicht Elon Larv heissen müsste. Zumal es kaum Geister gegeben hätte, denn das Hotel war ja damals noch geöffnet.

Charme des Källerstraich sucht seinesgleichen

Herausragend waren nebst den Raamestiggli die Auftritte der Schnitzelbänke. Sechs treten pro Vorstellung auf. Speziell aufgefallen ist die «Dreydaagesfliege». Bereits bei seinem Aufmarsch auf die Bühne setzte die Bank die Messlatte hoch – «Salli Beat, äh, HerrJans» begrüsste er den im Publikum anwesenden Bundesrat. Dieser durfte sich einige Verse über sich anhören. Aber: alle waren – zumindest ihm gegenüber –wohlgesinnt. So pointiert der Schnitzelbank in Bezugnahme auf die Antrittsrede von Beat Jans: «‹Das ging aber schnell› hesch z Bärnsicher s letscht moll gsait.» Eine Spezialität des Källerstraich ist es, dass Zuschauende gleich zweimal dieselbe Figur auf der Bühne sehen können: als Puppe und als Mensch. Wie im letzten Jahr trat so auch wieder der Schnitzelbank Singvogel auf und klaute seinem kleinen Nebenbuhler sogleich die Dame. Und auch Andy Bohrer, Tambour des Källerstraich, stand mit sich selbst auf der Bühne und spielte mit dem Mini-Andy ein Duett. Das rhythmisch komplizierte, aber herausragend vorgetragene Stück führte zu Begeisterungsrufen. DerKällerstraich bleibt eine Perle unter den Vorfasnachtsveranstaltungen. Wer Tickets will fürs nächste Jahr, muss sich sputen. Dieses Jahrwaren sie innert 12 Stunden ausverkauft. Mit der heimeligen Atmosphäre im Zehntenkeller, den frechen Pointen, glänzenden Raamestiggli und tollenBühnengästen sucht der Charme des Källerstraich seinesgleichen.

 

Valerie Zeiser


Basler Zeitung

 

Grosses Kino im Marionettentheater
Källerstraich 2024 Die drei Antikeerper

schwelgen in «alte Schingge» –vor den Au gen eines Bundesrats.

 

Aus dem dicken Gewölbe des historischen Zehntenkellers auf dem Münsterhügel schallt ein

Lamento: Kein Kino mehr in der Steinenvorstadt. Ja, das Pathé Küchlin hatte Ende Juni, zum

Schrecken von ganz Basel, seine Projektoren abgestellt – für immer.

 

Zum zehnten Källerstraich im Marionettentheater stellt die Stimme aus dem Off nun betroffen

fest:

Kasch niene meh

im Dunggle schmuuse,

musch zem Schmuuse

an d Gränzen uuse.

 

Ärgern dürfte das insbesondere Werni, den Ladykiller unter den drei Antikeerpern, der schon wieder von einer
neuen Errungenschaft schwärmt: Gülcan, die Tattoo-Künstlerin, die den dreien zum Källerstraich-Jubiläum eine
«10» auf den Körper tätowieren soll.

Von der Filmgeschichtezur Aktualität

Das Thema Kinosterben ziehts ich als roter Faden durch die gut zwei Stunden lange Vorstellung. Jedes Stück
bekommt als Referenz einen «alten Schinken» aus der Kinogeschichte an die Seite gestellt. Weil die Bezüge
nicht allzu eng gefasst sind, gelingt immer wieder der thematische Bogen zur Aktualität.
Auch witzig:

Die Pfyffergruppe Ego-Säu beglückt die Fans des Spaghetti- Westerns mit einem Medley bekannter
Cowboy-Melodien. Einen Höhepunkt fürs Ohr wie fürs Auge bietet der Tambour Andy Borer mit seiner Reverenz
an eine Szene aus dem Film «Deliverance » (1972), bei welcher sich zwei Banjo-Spieler duellieren. Im Zehntenkeller
gewinnt die Szene mit einem duplizierten Harlekin sodann an fasnächtlicher Poesie.

Doch zurück zu den Antikeerpern, die den wie immer proppenvollen und mit Polit-Prominenz besetzten Keller
am Freitagabend durch das Programm führen. Die Hausbänggler des Marionettentheaters treiben nämlich noch andere
Sorgen als das Kinosterben um. Sie suchen wieder einmal nach Inspiration und Pointen, um dereinst in die
«Champions League der Bängg» zu gelangen.

Das treibt sie unter anderem ins schaurig verlassene Hotel Basel, wo sie an gepfefferten Versen feilen, zum Jodel
auf die Margarethenbrücke anstimmen und über das Geschehen in Basel diskutieren, bis sie von den Geistern der
Stadt vertrieben werden – jenem der Muba, des Küchlin, der CS, des Café Spitz und wie sie alle heissen.
Ein herrlich arrangiertes «Rahmestiggli».

Anschauungsunterricht im «Värslibrinzle» erhalten die Antikeerper am Källerstraich von den zahlreich geladenen
«Bängglern » – wie gewohnt aus allen Richtungen: Comité, BSG, Bebbi, VSG. Die Dreydaagsfliege liefern etwa
eine feine Pointe zum wohl berührendsten Moment des Politjahrs 2023, der Ansprache von Beat Jans zur Annahme
seiner Wahl in den Bundesrat. Umsoschöner, dass Beat Jans am Freitag auch im Publikum sass. In Hochform zeigt
sich neben den Dreydaagsfliege auch dr Singvogel, der am Källerstraich gleich zwei Mal zu sehen war, im Original
und «en miniature» als Marionette – allerliebst. Beliebte Pointe: Die Pflanzen auf der Dreirosenbrücke Bei der
Basler Regierungsrätin Esther Keller dürfte sich nach ihrem Besuch des Kellerstraichs ein leichtes Unbehagen
mit Blick auf die kommende Fasnacht eingenistet haben. Ja, diese Topfpflanzen auf der Dreirosenbrücke, sie werden
den «Bängglern» 2024 für die eine oder andere Pointe dienen. Anders unser Bundesrat: Er darf den Zehntenkeller
nach der Vorstellung trotz sechs Schnitzelbangg- Formationen unbeschadet, ja sogar gebauchpinselt verlassen.

 

Sebastian Schanzer

Regie: IN Veri veritas, Premiere 11.9.2022

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